Media Relations: Welche Todsünden Sprecher im Umgang mit Journalisten vermeiden sollten

Die Geschäftsführerin eines Unternehmens ist eine der Hauptsäulen der klassischen PR-Arbeit von B2B-Unternehmen. Sie ist Zitatgeberin, führt Pressegespräche, spricht auf Events, Roundtables oder Podiumsdiskussionen etc. Ihr Gesicht und ihre Worte prägen die Unternehmensmarke entscheidend mit. Umso wichtiger ist es, dass sie die üblichen Verhaltensregeln für die externe Unternehmenskommunikation verinnerlicht. Neben dem Positionierung und eines adäquaten Umgangs in und mit den sozialen Medien ist das der richtige Umgang mit Pressevertretern.

 

Kein C-Level Pressegespräch ohne vorheriges Medientraining

Große multinationale B2B-Unternehmen sind in der Regel sehr professionell aufgestellt, was die Positionierung von Unternehmenssprechern anbelangt. Hier spricht niemand mit der Presse, wenn er nicht eine Pressezertifizierung oder Medientraining durchlaufen hat. Und lässt er sich in Gesprächen zweimal etwas zuschulden kommen, muss er ins “PR-Jail”. Heißt: Maulkorb auf unbestimmte Zeit. Die ranghöchste Kommunikationsressource – die Geschäftsführerin – will sorgsam aufgebaut und gepflegt werden. Die Grundregeln der Unternehmenskommunikation sind auch innerhalb der C-Level Positionierung anwendbar: Analyse – Strategie – Taktik. Doch statt der Analyse fangen wir heute mal praktisch an und offenbaren die größten Stolperfallen, die die Unternehmenslenkerin im Zuge von Pressegesprächen vermeiden sollte. Die Liste können Sie der Chefin direkt so mit an die Hand geben. Vieles klingt banal, aber ich habe schon die abwegigsten Situationen erlebt. Ein Höhepunkt unter vielen war der Vergleich eines VP Central EMEA, sein Produkt verkaufe sich wie Drogen auf dem Schulhof. *Schluck* Nun ja, betrachten wir die Liste:

 

Die 8 Todsünden der Media Relations

1. Lügen

Liegt auf der Hand. Aber machen Sie sich klar: bereits eine einzige (durch Zufall, Recherche oder das eigene schlechte Gedächtnis) aufgedeckte Lüge kann die Glaubwürdigkeit nachhaltig zerstören.

Alternative: Begründen Sie ihre Sichtweise der Fakten, und informieren Sie vollständig.

2. Vertuschen von Fehler/Missständen 

Die schlimmsten Fehler werden in der Absicht gemacht, einen begangenen Fehler wieder gutzumachen. Eingestandene Fehler werden verziehen, es wird vielleicht einmal darüber berichtet, und dann ist das Thema vom Tisch. Wird die Wahrheit dagegen häppchenweise serviert, wird die ganze Vorgeschichte immer wieder mitgeliefert.

Alternative: Gestehen Sie erst Fehler ein und legen Sie dann die geplanten Änderungen/Abhilfen dar. Erläutern Sie die Hintergründe von Fehlern und übernehmen Sie dafür die Verantwortung, bevor Sie Erfolge Ihrer Arbeit benennen.

3. Druck ausüben und Berichterstattung bestimmen

Wohl einer der größten Fehleinschätzungen in Bezug auf Arbeitsweisen von Journalisten ist die Annahme, dass wenn ein Pressegespräch stattgefunden hat, müsse auch berichtet werden. Nein das muss es nicht! Mit Nachfragen wie “Und wann drucken Sie das Interview nun ab?!” verletzen Sie die journalistische Berufsehre und bezweifeln offen, ob der Gegenüber überhaupt die Grundlagen seiner Tätigkeit beherrscht, nämlich die Auswahl von Nachrichten. Setzen Sie den Journalisten auch nicht unter Druck. Meist kann er auf die Frage nach dem Drucktermin ohnedies keine Antwort geben: Hintergrundinformationen wirken sich oft nicht kurzfristig aus, sie müssen zu einem übergeordneten Thema passen; Themenpläne legen langfristig fest, wie viel Platz für Aktuelles bleibt; wann und ob ein Thema ins Heft kommt, entscheidet letztlich die Chefredaktion nach Sichtung aller möglichen Beiträge.

Alternative: Formulieren Sie Bitten!

4. Erpressen

Wer mit Anzeigenboykott oder dem Verweigern von weiteren Interviews droht, demonstriert nur mangelnde Souveränität und ein falsches Verständnis von Meinungs- und Pressefreiheit. Wer das Recht des Stärkeren für sich reklamiert, muss sich nicht wundern, wenn er öffentlich massiv kritisiert wird, sobald sich eine Gelegenheit dazu bietet.

Alternative: Machen Sie Vorschläge.

5. Belästigen

Journalisten sind auf der Flucht vor solchen Informanten, die jede Gelegenheit nutzen, um ihnen Informationen anzubieten, ihnen ein Gespräch aufzudrängen, sie durch ständiges Ansprechen belästigen.

Alternative: Prüfen Sie vor jeder Kontaktaufnahmen mit Journalisten, ob Sie medienrelevante Informationen haben. Fragen Sie in Zweifelsfällen die Journalisten.

6. Informationsfreiheit einschränken

Auch unliebsame Redaktionen und Journalisten haben ein Recht auf Informationen. Also übergehen Sie sie nicht bei Interviewwünschen und Pressekonferenzen, schicken Sie ihnen regelmäßig Pressemitteilungen. Alles andere führt zu Spekulationen und zu (ungerechtfertigter) Kritik an Ihnen und Ihrem Unternehmen.

Alternative: Bereiten Sie gute Antworten auf kritische Fragen vor, und berücksichtigen Sie alle seriösen Medien.

7. Emotional werden

Sachlich bleiben, auch wenn man sich angegriffen fühlt. Jede Emotionalität wird als Schwäche ausgelegt und oftmals ausgenutzt.

Alternative: Kühlen Kopf behalten, das Gespräch durch Rückfragen verlangsamen.

8. Sich anbiedern

Gute Beziehung ist recht und gut, aber übertreiben Sie nicht! Bewahren Sie eine herzliche Distanz, offen und freundlich. Das Privatleben der Journalisten ist für Sie tabu.

Alternative: Reden Sie über Themen, die sie mit dem Journalisten gemeinsam haben oder versuchen Sie es mit gepflegtem Small-Talk.

 

Überzeugungsarbeit leisten – Pressegespräche ohne Medientraining sind unprofessionell

Externe Kommunikation – ob über owned oder earned Media – gehört auch bei provinziellen Mittelstandsunternehmen aus dem B2B-Umfeld mittlerweile zum Standard. Mit steigendem Wissen setzt sich jedoch auch die Einschätzung durch, man wisse schon, wie das mit den Journalisten oder in den sozialen Medien funktioniert. Es liegt an den Kommunikationsverantwortlichen ihre Unternehmenssprecher zu überzeugen, dass niemand „untrainiert“ Teil der externen Kommunikation sein sollte. Das ist nicht gleichbedeutend mit inhaltslosen Phrasen, die z.B. Profifußballern heutzutage vorgeworfen wird. Es ist schlicht professionell.

Klaus
Klaus.Daidrich@maisberger.com